22. November 2025

310. Begegnung

Synthetischer Polymer-Siebdruck und Acryldruck auf Leinwand "Warhol Four Marilyns" von Sturtevant aus dem Jahr 1972

Sturtevant(1924–2014)

Warhol Four Marilyns

1972 | 81,3 x 63,5 cm | Synthetischer Polymer-Siebdruck und Acryldruck auf Leinwand | Leihgabe | Albertinum, Staatliche Kunstsammlungen Dresden

Musik | Rainer Promnitz, Cellist & Komponist, und Freunde
Literatur | Texte von Siri Hustvedt

Das enigmatische Werk der von Mythen umrankten Künstlerin Sturtevant wirkt auf den ersten Blick alles andere als unbekannt: Über Jahrzehnte hinweg wiederholte sie präzise die Arbeitsprozesse ihrer Zeitgenossen, fast ausnahmslos die der männlichen, allen voran Pop Art-Ikone Andy Warhol. Mit der Werkserie der „Warhol Marilyns“, die sie weit bis nach seinem Tod fortführte, zitiert Sturtevant nicht nur eine der ikonischsten Figuren Hollywoods, sondern auch eine nicht minder berühmt gewordene Strategie, Kunst in beinahe automatisierten Verfahren von einer traditionellen Handschrift zu befreien. Dass sie gerade solche Werke aufgriff, die sich ohnehin durch die Ablehnung traditioneller Handwerklichkeit auszeichneten, weist auf ihr doppelbödiges Hinterfragen der Funktionsrahmen von Kunst hin. Sturtevants Werke in Malerei, Skulptur, Video und Installation, die ihre Vorbilder wie Anselm Kiefer oder
Joseph Beuys gleich im Titel tragen, sind keine bloßen Kopien, sondern ein selbstbewusstes Katz-und-Maus-Spiel mit unseren Vorstellungen von Identifikation. Wie lässt sich überhaupt beschreiben, was Sturtevant genau macht, wenn das Reden über sie immer auch gleich das Reden über jemand anderes ist? Wo lassen sich eben doch die Spuren des Autors oder der Autorin auffinden, die sie auf dem Weg zu ihrem immer wieder beschworenen Verschwinden unfreiwillig hinterließen? Und was erzählt uns die anhaltende Sehnsucht nach diesen Markern?

Dennis Brzek