10. Oktober 2020

286. Begegnung

Hermann Prell (1854–1922)

Die Parze Lachesis mit dem Lebensfaden

1903 | 89,5 x 69,5 cm | Öl auf Leinwand, auf Pappe | 1962 Schenkung Dr. Adrienne Prell, aus dem Nachlass des Künstlers |

Musik | Lieder der Zeiten und Kulturen für Stimme, Cello und Gitarre mit CELLcanto: Nora Conrad und Beate Hofmann
Literatur | Prosa von Arthur Schnitzler

Hermann Prell zählte als vielbeschäftigter Wandmaler zu den erfolgreichsten Künstlern des ausgehenden 19. Jahrhunderts in Deutschland, der jedoch durch Kriegseinwirkungen einen Großteil seines Œuvres verloren hat. Im Geist des gründerzeitlichen Pathos schuf er allegorische Inszenierungen, die als Gesamtkunstwerk konzipiert auf den Zusammenklang von Malerei und Plastik ausgerichtet waren. Die erscheinungsgetreuen, aber zugleich idealisierend überhöhten Figurenensembles kamen dem Zeitgeschmack entgegen. Nachdem Prell 1889 den Wettbewerb um die Deckengestaltung im Treppenaufgang Brühlsche Terrasse des zum Skulpturenmuseum umgebauten Albertinum in Dresden gewonnen hatte, übernahm er zwischen 1898 und 1904 dessen vollständige Ausgestaltung. Die Parze Lachesis (eine der drei Moiren), der es oblag, die Länge des Lebensfadens zu bemessen, war eingebunden in ein auf der griechischen Mythologie basierendes ikonographisches Programm von „Schönheit“ und „Schicksal“. Gemeinsam mit 24 weiteren Ölstudien, 5 plastischen Werken sowie Fotografien zeugt sie von der einstigen opulenten Ausstattung der 1945 zerstörten Treppenhausdekoration.

Heike Biedermann