16. März 2024

302. Begegnung

Gerhard Richter (*1932 Dresden)

Guildenstern

1998 | 102 x 115 cm | Cibachrome-Fotografie zwischen Plexiglas und Alucobond aufgezogen | Werkverzeichnis der Edition Nr. 95 / Gerhard Richter Archiv, Staatliche Kunstsammlungen Dresden

Musik | Fagott & Cello, Klänge aus der Tiefe mit den Dresdner Philharmonikern Felix Amrhein und Rainer Promnitz
Literatur | Erzählungen von Alfred Döblin und Thomas Mann

Irgendwo zwischen Weltall und Hamlets Wahnsinn, zwischen Sein oder Nichtsein, trifft der Guildenstern von Gerhard Richter den Nerv der Zeit. 1998 schuf der Künstler die fotografische Großaufnahme einer Mischung aus Lack- und Ölfarbe. Rote, blaue und gelbe Flächen fließen ineinander, überlagern sich, stoßen einander ab und bilden eine Struktur, die genauso gut den Blick durch ein Mikroskop oder ein Teleskop wiedergeben könnte. Namentlich geht die Arbeit auf die Figur Guildenstern (Goldstern) aus William Shakespeares Theaterstück „Hamlet“ zurück. Mit den gelben Farbflächen überführt Richter den Namen in die malerische Dimension. Ebenfalls 1998 entsteht die Arbeit „Ophelia“. Sie bildet technisch sowie im Format und Farbigkeit das weibliche Pendant zum Guildenstern. Richters Namenswahl ist eine bewusste Setzung, denn zentrale Überlegungen, die der englische Dramatiker seinem Prinzen Hamlet in den Mund gelegt hat, finden sich auch im Werk des Künstlers wieder: das Sein, das Zweifeln sowie die Erkenntnis, am ewigen Wesen der Dinge nichts ändern zu können. „Der Rest ist Schweigen“, heißt es im „Hamlet“. Gegen dieses Schweigen malt Richter an.

Kerstin Küster