24. Januar 2026
311. Begegnung
Gabriele Stötzer (*1953)
Wegdrehen
1978/79 | 22 x 14 cm | Öl auf Holz | Schenkung von MUSEIS SAXONICIS USUI – Freunde der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden e.V. | Albertinum, Staatliche Kunstsammlungen Dresden
Gabriele Stötzer zählt zu den zentralen Stimmen einer Generation ostdeutscher Künstlerinnen, deren Arbeiten zwischen Widerstand und Selbstbehauptung entstanden. 1976 wurde sie nach ihrer Beteiligung an einer Unterschriftenaktion gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns verhaftet und verbrachte ein Jahr im Frauengefängnis Hoheneck. Die Erfahrung von Isolation und Repression wurde zum Ausgangspunkt ihres künstlerischen und literarischen Schaffens.
In der Videoperformance „Zelle 5“ (1990), die das Albertinum mithilfe der Freunde des Albertinum erwerben konnte, kehrt Stötzer an den Ort ihrer Haft zurück und setzt sich eindringlich mit dieser Erfahrung auseinander. Das Gemälde „Wegdrehen“ (1978/79), kurz nach ihrer Entlassung entstanden, fasst den Moment von Entblößung und Selbstschutz in einer verdichteten Geste. Stötzers Werk – zwischen Malerei, Performance, Film und Text – zeugt von einer konsequenten Auseinandersetzung mit weiblicher Identität und künstlerischer Freiheit unter den Bedingungen der DDR. Sie steht stellvertretend für eine Generation subversiver Künstlerinnen und Künstler, deren Schaffen bis in die DDR-Zeit zurückreicht, aber in Kunstmarkt und Institutionen lange kaum Beachtung fand – und erst heute zunehmend gewürdigt wird.
Hilke Wagner
